Die Eröffnung der Jahrhunderthalle

Die Damen fein herausgeputzt. Die Herren mit Hüten. Am 20. Mai 1913 wurden die Halle und die Jahrhundertausstellung – wie nicht anders zu erwarten – feierlich eröffnet. Obwohl es heftig und unaufhörlich Regen regnete, zog durch die Tiergartenstraße (M. Skłodowska-Curie Straße) eine Autokolonne und Fußgängern winkten und jubelten mit bunten Fahnen. Der Bürgermeister von Breslau, Paul Matting, hielt eine patriotische Rede, in der er den monumentalen Komplex “ein Denkmal für die Befreiung des Vaterlandes und ein Mahnmal für künftige Generationen” nannte. Fast 6000 Gäste lauschten der inbrünstigen Rede und konnten sich von der hervorragenden Akustik der Halle überzeugen. Das Publikum bedauerte wahrscheinlich ein wenig, dass der letzte deutsche Kaiser und König Wilhelm II. von Preußen das Ereignis nicht feierte, denn dieser kriegserprobte Monarch war beleidigt, weil man die Feier der Proklamation (ein Appell an mein Volk) feierte und nicht den Jahrestag der siegreichen Schlacht bei Leipzig. Daher entsandte er in seinem Namen den Thronfolger, Prinz Friedrich Wilhelm von Preußen. Dieser erschien mit seiner Frau mit und mit namhaften Kollegen, darunter Prinz Ernst Günther zu Schleswig-Holstein. Die übrigen Sitze waren mit prominenten Persönlichkeiten aus Breslau und ganz Schlesien besetzt. 

Otwarcie Hali Stulecia
Otwarcie Hali Stulecia

Der erste Skandal bei der Eröffnung

Die Zeremonie wurde durch die Aufführung des Stücks Festspiel in deutschen Reimen des deutschen Dramatikers und Romanschriftstellers Gerhart Hauptmann, Träger des Literaturnobelpreises von 1912, über die Schlacht bei Leipzig bereichert. Regie führte der herausragende österreichische Regisseur und Theaterschauspieler jüdischer Herkunft, Max Reinhardt, der 1919 das Große Theater Berlin gründete. Leider enttäuschte die Inszenierung Kriegsveteranen und radikale Patrioten, da sie Napoleon (dessen Sieg schließlich gefeiert wurde) als Zerstörer eines Unterdrückungsregimes und Schöpfer eines gemeinsamen (fast) freien Europas darstellte. Die pazifistischen Obertöne der Kunst waren der Grund, sie vom Plakat zu nehmen. Wir wissen nicht, was Max Berg über diese Affäre gedacht hat. Wir wissen jedoch, dass das Haus des Nobelpreisträgers Gerhart Hauptmann noch immer in Jagniątków, heute ein Stadtteil von Jelenia Góra, steht. Heute dient es als Stadtmuseum. Wir ermutigen Sie, es zu besuchen.

Gerhart Hauptmann

Der zweite Skandal bei der Eröffnung

Dieser zweite Skandal verlief ein wenig mehr hinter den Kulissen. Nun, Hans Poelzig – der Verfasser des Bebauungsplans und Planer des Vier-Kuppel-Pavillons – wurde den Besuchern des Ausstellungsbereichs nicht vorgestellt. Er war auch nicht eingeladen, als das Gebäude vom Kaiser selbst besichtigt werden sollte (was letztlich nicht geschah). Der Kommissar der Historischen Ausstellung, Karl Masner, kochte vor Wut. Poelzig stand im Schatten. Max Berg, der durch diese Situation irritiert war, machte die Breslauer Behörden auf die ungerechte Behandlung des Erbauers des Gebäudes aufmerksam und wandte sich mit einer Beschwerde an den Oberbürgermeister Trentin. Man erzählt sich, dass damals der folgende Dialog stattgefunden hat:

– Was? Hans Poelzig im Masner-Gebäude? Er hat dort nichts zu suchen!

– Ich meine, Masner im Poelzig-Gebäude – erwiderte Berg verärgert.

Diese Beleidigung hat Poelzig bewogen, Breslau den Rücken zu kehren. Das ist schade. Die Stadt verlor den bedeutenden Architekten, den späteren Erbauer des Großen Theaters in Berlin – demjenigen, das der oben erwähnten Max Reinhardt gründete. In der niederschlesischen Hauptstadt sind unter anderem ein Einkaufs- und Bürogebäude in der Ofiar Oświęcimskich Straße und ein Orgelprospekt für das Oratorium für Musik der Universität Wrocław erhalten, in dem Johannes Brahms, Franz Liszt, Niccolò Paganini, Anton Rubinstein, Klara Schumann und Henryk Wieniawski im 19. Jahrhundert Konzerte gaben.